Das Beiern ist ein Jahrhunderte alter, besonders in Nordwesten Europas weit verbreiteter Brauch, wobei die unbewegt hängenden Kirchenglocken in wörtlich überlieferten, festgelegten Rhythmen angeschlagen werden. Es ist kulturgeschichtlich als Vorläufer des besonders in den Niederlanden hochentwickelten Glockenspiels anzusehen.
„Beiern“ heißt im ursprünglichen Sinne ,,läuten, die Glocken schlagen“, dann „einbeiern: ein kirchliches Fest einläuten“, sowie „ausbeiern: eine Bekanntmachung oder eine Geschichte an die Öffentlichkeit bringen“.
Ein ehemaliger Glockensachverständiger der Erzdiözese Köln, Jakob Schaeben, beschreibt den Hergang folgendermaßen: „Beim Beiern werden die Glocken nicht schwingend geläutet, die Rhythmik ist also nicht von der natürlichen Pendelgeschwindigkeit der nach ihrer Tonhöhe unterschiedlich schweren Glocken bestimmt. Die Klöppel werden vielmehr in vorgefassten Rhythmus gegen die Wände der ruhig hängenden Glocken geschlagen. Zu diesem Zweck werden die Glockenachsen blockiert. Mit Seilen, die am Sitz des Spielers befestigt sind, werden die Klöppel innerhalb eines kleinen Spielraums gegen den Glockenschlagring gespannt. Die Seile können so, ohne das gefährdende Prellschläge zu befürchten sind, vom Spieler in geplanter Ordnung mit unterschiedlicher Kraft mit Händen und Füßen angeschlagen werden. Tonfolge, Rhythmus und Dynamik des Vortrages hat der Spieler, der über eine gewisse Musikalität und Beweglichkeit verfügen muss, somit in der Hand. Charakteristisch für das Beiern ist die ostinate Wiederholung eines kurzen Motives. Der musikalische Effekt und die Variationstauglichkeit der Tonfolgen hängen von der Anzahl der Glocken und der Disposition ihrer Tonhöhen ab. Je mehr Glocken vorhanden, je enger und charakteristischer die Intervalle ihrer Tonhöhen sind, desto eindrucksvoller und origineller kann gebeiert werden.“
Unsere Pfarrkirche St. Michael verfügt seit 1990 über 5 Glocken, deren Tonfolge auf den Anfang der Melodie aus den Gotteslob Nr. 606 ,,Unüberwindlich starker Held St. Michael“ abgestimmt ist.
Die Mitglieder der der St. Sebastianus Junggesellen Bruderschaft von 1672 Niederdollendorf am Rhein beiern an folgenden Festtagen:
- Am Vorabend des 20. Januars (Sebastianustag)
- am Vorabend des Fronleichnamstages
- zur Michaelkirmes (Pfarrpatrozinium am letzten Sonntag in September). Hier wird am Vorabend ab ca. 19:00 Uhr bis zum Ende des Fackelzuges gegen 20:30 Uhr gebeiert. Am Kirmessonntag ab 6:00 Uhr bis zum Gottesdienstläuten, während der Pfarrprozession, sowie während der Umzüge der Sebastianer wenn sich der Festzug in Kirchnähe befindet. Am Kirmesmontag wiederum ab 6:00, Uhr bis zum Gottesdienst gegen 9:00 Uhr, dann bis zum Antreten der Junggesellen zum Vogelschießen und nachmittags während des Festzuges.